Nur unsinnig Verliebte, verblendet von ihrer parteilichen Sicht, können der Meinung sein, dass die Bibel ihnen klare Erkenntnisse ermöglicht, ohne dass die Kirche die widersprüchlichen Inhalte vermittelt. Das war der Einwand, mit dem Erasmus sich in Jahr 1524 vom Reformator Martin Luther distanziert hat. Spätestens seit dem Sieg, den der Soldatenkaiser Napoleon dem aufklärerischen Denken bereitet hat, muss darum jeder zünftige Theologe sich ausweisen, dass er die Kunst des skeptischen Abwägens, wie es an der Akademie eingeübt wird, beherrscht. Er muss beweisen, dass er auch die Argumente seiner Gegner zu würdigen vermag und selbstkritisch auf Distanz zu seinen eigenen Überzeugungen gehen kann. Doch gerade der Wunsch, sich demütig zu den Grenzen der eigenen Erkenntnis zu bekennen, kann einer neuen Form von Hochmut dienen, die selbstsicher zu wissen meint.

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„Das Basler Münster. Tausend Jahre mit Christus“.
ISBN 978 3 946083 38 2
Es ist im Sommer 2019 erschienen.